Josip Stadler wurde am 24. Januar 1843 in Slavonski Brod an der Save geboren. Seine Familie stammte aus Oberösterreich und kam im 18. Jahrhundert nach Kroatien. Da Stadler sehr früh seine Mutter (1853) und seinen Vater (1854) verlor, wurde er als Waisenkind in die Familie Orsić aufgenommen. Nach dem Abschluss der Grundschule in Brod kam Stadler ins Waisenhaus in Požega, das von den Jesuiten geleitet wurde. Später besuchte er als Zögling des Erzbischöflichen Waisenhauses in Zagreb das städtische Gymnasium. Nach dem Abschluss der 6. Klasse trat er ins Priesterseminar der Erzdiözese Zagreb ein. Als begabter Schüler wurde Stadler anschließend auf das Germanicum-Hungaricum nach Rom geschickt. An der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom schloss er das Studium der Philosophie und der Theologie jeweils mit der Doktor würde ab. Zum Priester wurde er 1868 in Rom durch Kardinal Patrizi geweiht. 1869 kehrte er nach Zagreb zurück. Hier wirkte er zunächst als Präfekt im Erzbischöflichen Seminar und als Professor für Philosophie und Theologie. An der Theologischen Fakultät der Universität Zagreb war er seit 1874 zuerst außerordentlicher und dann ordentlicher Professor für Fundamentaltheologie.

Im Frühjahr 1881 wählte ihn das Professorenkollegium zum Dekan der Theologischen Fakultät. Bevor er dieses Amt übernehmen konnte, erreichte ihn die Ernennung zum ersten Erzbischof von Vrhbosna (Sarajevo). Nach der Bischofsweihe in Rom übernahm Stadler am 15. Januar 1882 die Leitung seiner neu gegründeten Erzdiözese. Stadler begann sofort mit dem Aufbau der Katholischen Kirche in Bosnien. Mit der Berufung angesehener Priester aus Kroatien und Slowenien gründete er sein Dom-Kapitel. Der Ausbau des Knaben und Priester-Seminars in Travnik und Sarajevo sicherte er die Ausbildung seines Klerus, die er dem Jesuitenorden anvertraute. In der Mitte der Stadt entstand die prächtige frühgotische Kathedrale und unweit davon die Seminarskirche. Durch Stadlers Bautätigkeit erhielt die Stadt Sarajevo bis dahin eine orientalische Stadt auch eine christliche und katholische Prägung. Stadlers Fürsorge galt neben dem Aufbau der Kirche und der Ausbildung des Klerus besonders den Armen, Waisen und Verlassenen, vor allem den Frauen. Er gründete 1890 die Kongregation "Dienerinnen vom Kinde Jesu" mit dem Auftrag, sich der Armen, Waisen und Verlassenen anzunehmen. Dazu verfasste er ihre Regeln und erreichte die Anerkennung durch den Heiligen Stuhl, um die Aufgaben dieser Kongregation zu verwirklichen, baute Stadler zahlreiche Klöster, Waisenhäuser und Schulen. Stadler hatte immer ein Herz für Menschen, die in Not waren. So errichtete er in Sarajevo die Waisenhäuser "Betlehem" und "Egipat" und ein Heim für obdachlose und verlassene alte Frauen. Das Volk bezeichnete und verehrte ihn als den “Vater der Armen”. Man kann sagen, dass er der Erneuerer Bosniens und der Herzegowina war.

Politisch stand Erzbischof Stadler der kroatischen "Rechtspartei" sehr nahe. Er kämpfte um die kroatische Zugehörigkeit Bosniens und der Herzegowina und versuchte die kroatische Politik auf das Fundament des Glaubens und der katholischen Prinzipien zu stellen. Nach Auffassung Stadlers sei für ein katholisches Volk sein Glaube wichtiger als seine Nationalität. Katholizismus sei international, aber nicht unnational und strebe im öffentlichen politischen Leben jene Position an, die ihm zukomme. Wegen dieser seiner Anschauungen stieß Stadler auf bitteren Widerstand der kroatischen liberalen Kreise, für die die Religion nur zweitrangigen Wert besaß. So befand sich Erzbischof Stadler im Zentrum der bosnisch-herzegowinischen Gesellschaft und Kirche. Ob er wollte oder nicht, er musste täglich Stellung beziehen. Da die Katholische Kirche in Bosnien und der Herzegowina auf Grund ihrer historischen Entwicklung ein heterogenes Bild darstellte, stieß das Handeln Stadlers auf Widerstand auch innerhalb der katholischen Reihen, vor allem bei den Franziskanern.

Erzbischof Stadler war nicht nur ein eifriger Hirte und ein glühender Patriot, sondern ein tief religiöser Mensch, der seine Liebe zu Gott und zu den Menschen im alltäglichen Gebet, Anbetung, Eucharistiefeier, Verteilen der Almosen und in verschiedenen anderen Werken der Nächstenliebe treu bezeugte. Schon zu seinen Lebzeiten war sein Ruf der eines heilig mäßigen Hirten.

Stadler starb am 8. Dezember 1918, dem Fest der unbefleckten Empfängnis, und fand seine letzte Ruhestätte in der von ihm erbauten Herz-Jesu-Kathedrale zu Sarajevo. Er starb ohne Schulden, aber auch ohne persönliches Vermögen. Was er hinterlassen hat, sind seine großen Werke, die Erinnerung an sein heiliges Leben und seinen seligen Tod, die noch heute unzählige Menschen zu einem vertieften religiösen Leben bewegen und zur entschlossenen Nachfolge Christi rufen.

Am 12. April 1997 betete Papst Johannes Paul II. an seinem Grab. Der Prozess für seine Seligsprechung wurde am 20. Juni 2002 in Sarajevo eingeleitet.

 
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